Naim Nait 5si im Test: Wie gut ist der erschwingliche Highend-Verstärker?
- Leistung
- 2x 60W / 8 Ohm, 2x 90W / 4 Ohm
- Eingänge
- 4x Cinch, davon 2 mit parallelem DIN
- Audio-Ausgänge
- 1 Paar Lautsprecherbuchsen, 1x Kopfhörer 6,3 mm, Rec Out
- Quellen kabellos
- –
- Abmessungen (BxHxT)
- 432 x 70 x 301 mm
- Gewicht
- 6,8 kg
- Preis
- 1.799 Euro
Klanglich spielt der rein analog ausgelegte Naim auf Augenhöhe mit viel schwereren und oft auch teureren Amps: Seine Lebendigkeit und Intensität sind preisunabhängig einfach verblüffend.
- Fein strukturierter, kraftvoll lebendiger Klang
- Hochwertige Verarbeitung
- Gut klingender Kopfhörerausgang
- Kein Phonoeingang
- keine Digitaleingänge
Der Naim Nait 5i ist ein absolut puristischer, rein analoger Vollverstärker – nicht einmal ein Phono-Eingang ist an Bord. Aber immerhin hat er einen hochwertigen Kopfhörerausgang, den wir uns im Test auch genauer angehört haben. Das Haupt-Augenmerk galt für uns aber dem Betrieb an anspruchsvollen Stereo-Lautsprechern. Mit überraschendem Ergebnis: Der kleine Naim konnte im direkten Vergleich ganz lässig dreimal so schwere Mitbewerber demontieren. Aber ganz von vorn.
Naim: Qualitätssicherung auf ganz hohem Niveau
Aus der feinen Independent-HiFi-Manufaktur Naim Audio im englischen Salisbury ist inzwischen eine moderne Fabrik mit vollen Auftragsbüchern geworden. Die muss mitunter dreischichtig arbeiten, um der Nachfrage Herr zu werden. Und selbst dann reichen die Kapazitäten – weshalb die Firma Teile ihrer Produktion inzwischen in die Slowakei auslagert, wo eines der vornehmsten europäischen HiFi-Werke steht.
Der Nait 5si, den wir hier im Test haben, entsteht komplett in England, aber wahrscheinlich würde eh niemand den Unterschied bemerken. Denn die akribische, stellenweise fast obsessiv erscheinende Qualitätssicherung ist Naims wichtigstes Kapital. Die Briten überlassen in der Fertigung nichts dem Zufall, messen und sortieren Transistoren, konfektionieren ihre eigenen Kabelbäume zentimeter- und gradgenau – und legen ihre Bauteile und Schaltungen tendenziell für die Ewigkeit aus, statt nur für die Garantiezeit von fünf Jahren.
Der Fertigungsaufwand macht die Naim-Geräte natürlich auch teuer. Und so liegt der Einstieg in die Naim-Welt da, wo man bei anderen Firmen die Preisliste schon fast durch hat. Nicht so beim Naim Nait 5si, der “nur” knapp 1.800 Euro kostet. Wenn du dir einen Überblick über die besten HiFi-Verstärker – ungeachtet des Preises – verschaffen willst, wirst du in unserer Bestenliste fündig:
Naim Nait 5si im Hörtest: Achtung, Dynamik!
Dynamik, Lebendigkeit und eine griffige, aufregende Präsenz zeichnen den Klang des Naim Nait 5si aus. Und das sind auch keine ultrafeinen Tendenzen, die nur trainierte Tester nach stundenlangem Bartkraulen zu hören meinen. Die Musik scheint uns über den Nait regelrecht ins Gesicht zu springen. So bekommen selbst Barockopern wie Händels Acis and Galatea eine unwiderstehliche Fußwipp- und Kopfnick-Kraft.
Das Werk erstreckt sich in der mehrfach ausgezeichneten Aufnahme von Linn Records mit dem Dunedin Consort über zwei CDs und insgesamt 29 Tracks. Daran ändert der Naim natürlich nichts, aber es scheint, als verginge mit ihm die Zeit schneller. So finden wir uns schon im zweiten Akt, bevor wir beschließen, doch mal auf einen anderen Amp umzustöpseln.
Bass-Bariton Matthew Brook singt da gerade ein rhythmisch groovendes O ruddier than the cherry und scheint daran einen Heidenspaß zu haben. Nach dem Wechsel überlegt er es sich aber anders, weicht – mehr als nur einen Schritt – zurück in die Boxenebene und intoniert nun merklich matter, fast lustlos. Dabei ist der Vergleichs-Amp kein Geringerer als der Yamaha A-S1200 für sich genommen ein hochfeiner, kultivierter Klangkünstler.
Der Unterschied ist überraschend groß und erinnert uns an den Vergleich zwischen Transistor- und wirklich gelungenen Röhrenverstärkern. Nur dass der Nait 5si viel pflegeleichter und gegenüber schwierigen Boxen auch toleranter ist als jede irgendwie erschwingliche Röhre.
Die Leistung ist begrenzt, aber keineswegs knapp
Wer wirklich breitbandige Boxen hat, hört vielleicht, dass der Naim keine unbegrenzten Stromressourcen aus seinem flachen Gehäuse zaubern kann. Da kann eine fette programmierte Bassdrum, etwa auf Natascha Polkés Poison of Choice, ganz untenrum etwas weicher kicken. Was der Naim aber nie tut, ist dünn oder kraftlos klingen. Im Gegenteil: Der Rhythmus wirkt auch bei diesem Electronica-Stück wieder vollständiger und packender als über Vergleichs-Amps.
Die ganzen feinen Details und Strukturen, quasi das Profil, das dem Track Traktion verleiht, wirken enorm griffig und präzise, die Bassdrum satt und punchy. Mit unseren Tannoy-Monitoren und ihrem gehobenen, aber nicht wirklich hohen Wirkungsgrad von 89 Dezibel, gibt es auch keine Einschränkungen im Maximalpegel. Jedenfalls aus HiFi-Sicht: Um Clubs zu beschallen, nimmt man andere Speaker und Amps.
Gibt es auch etwas, das der Nait 5si nicht so gut kann? Das ist Geschmackssache: Wenn du einen seidig-weichen Charakter wichtiger findest als schnellen, unmittelbaren Antritt, könnte dir der britische Amp vielleicht zu temperamentvoll erscheinen. Auch zeichnet der Naim in seiner Preisklasse nicht den breitesten oder tiefsten Raum. Sein Abbildungs-Schwerpunkt liegt eher vor als hinter der Stereo-Grundlinie. Sänger und Instrumente wirken groß und nah – was mit für das Gefühl des Dabeiseins verantwortlich ist, das der Naim so eindrucksvoll heraufbeschwört.
Naim Nait 5si: Technischer Aufbau und Praxis
Ein- und ausschalten kannst du den Nait 5si nur am Heck mit einem knackigen Kippschalter, der dann auch wirklich den gesamten Amp vom Strom trennt. Über den Standby-Stromverbrauch brauchst du dir also keine Gedanken zu machen. Und da der Brite im Leerlauf nicht mal zehn Watt aufnimmt, kannst du ihn ohne allzu schlechtes Gewissen auch mal den ganzen Tag lang durchlaufen lassen.
Wirklich warm wird an dem rundherum geschlossenen Alugehäuse allenfalls der Geräteboden, und auch der nur bei dauerhaft hohen Leistungen. Ein Blick ins Innere erklärt die thermische Ausgewogenheit des HiFi-Verstärkers. Seine Endtransistoren, pro Kanal ein klassisch bipolares Komplementärpaar von Sanken, schmiegen sich durch genau passende Ausschnitte in der Hauptplatine direkt an die dicke Alu-Bodenplatte. Oder besser: fast direkt. Denn die Halbleiter müssen elektrisch isoliert sein. Das erledigen hier Zwischenlagen aus wärmeleitender Keramik.
Die gesamte Schaltung des Nait sitzt auf einer Platine, mit der Endstufe ungefähr in der Mitte. Um diese herum gruppieren sich zur Linken die Vor- und Treiberstufen, zur Rechten vier große Elkos, die separate Spannungen für Vor- und Endstufe bereithalten, Richtung Heck die Eingangswahl und gegenüber die Steuerelektronik und der Kopfhörer-Verstärker. Alle Wege im Verstärker sind geradlinig und kurz, auch weil die Vorstufe aus miniaturisierten SMD-Bauteilen besteht.
ICs finden sich gar nicht im Signalpfad. Geschaltet wird mit schutzgasgefüllten Reed-Relais, die Lautstärke eingestellt mit einem motorisierten, gekapselten Potenziometer von ALPS. Versetzt man sich kurz mal in die Rolle eines winzigen Signal-Strömchens, sieht die Naim-Schaltung mit ihren kurzen Wegen, den breiten Leiterbahnen und der sorgfältigen Masseführung sehr einladend aus. Zumal auf der Reise durch den ganzen Verstärker keine Steck-, sondern ausschließlich gelötete Verbindungen zu überwinden sind. Und auch davon nur wenige.
Mächtiges Netzteil, merkwürdige Anschlüsse
Vertrauen flößt auch der wuchtige Ringkerntrafo ein, den Naim vom irischen Zulieferer Talema maßgefertigt bekommt. Auch die Siebkondensatoren sind keine Billigware, sondern auf besonders hohe Lebenserwartung optimierte Elkos von Kemet aus europäischer Fertigung. Aus Deutschland, nämlich von Hirschmann, stammen die Lautsprecheranschlüsse des Nait – sowie nahezu sämtlicher anderer Naim-Verstärker. Womit wir beim Anschlussfeld am Heck wären, das bei den Briten traditionell etwas erklärungsbedürftig ist.
Beispiel Hirschmann: Der Naim akzeptiert mit seinen deutschen Messgerätebuchsen ausschließlich Bananenstecker. Nackte Kabelenden oder -Schuhe brauchen gar nicht erst vorzusprechen. Dafür liefert der Hersteller die passenden Bananas gleich mit. Du oder dein Händler müssen sie also nur noch mit dem Kabel deiner Wahl verlöten. Im Test haben wir das Naim-eigene NACA5 verwendet, ein Kabel mit breitem Mittelsteg, das durch ungewöhnlich störrischen Aufbau auffällt.
Schuld am unbeugsamen Wesen des NACA5 ist zum einen der harte HDPE-Mantel, zum anderen die beiden 4-Quadratmillimeter-Leiter, die nicht aus feiner Litze, sondern aus jeweils 19 recht dicken, starren Kupferadern bestehen. Du kannst auch beliebige andere Kabel verwenden. Zur Not auch mit anderen Bananas als den – sehr guten – Originalen.
Naim rät im Handbuch und auf dem Gerät davon ab, um den Segen der bei Bananas etwas hysterischen CE-Prüfer nicht zu gefährden. Denn die Naim-Stecker sind idiotensichere Tandem-Bananas mit definiertem Abstand und breitem Kunststoffgehäuse, die selbst der kräftigste Nutzer nicht versehentlich in die Netzsteckdose bekommt. Nebenbei sind sie sehr kontaktsicher, langlebig und preiswert, und werden in England bei Deltron hergestellt. Womit auch klar ist, wo du das Einzelstecker-Äquivalent für die Boxenseite herbekommen kannst.
Der Sinn der DIN
Die Eingänge sind schnell aufgezählt: 4 Hochpegel-Inputs, davon einer mit Aufnahme-Ausgang. Zwei der Eingänge bieten zusätzlich zu den Cinch-Buchsen auch DIN-Kupplungen mit Renkverschluss. Naim bevorzugt diese Verbindungsart seit seiner Gründung 1973 aus klanglichen Gründen, verbaut sie aber nicht mehr alternativlos wie früher.
Einen der vier Line-Eingänge kannst du zum Endstufen-Direkteingang umfunktionieren, etwa um einen AV-Receiver mit eigener Regelung auf Knopfdruck in deine Anlage einzuschleifen. Die Druckguss-Frontplatte ist schwarz pulverbeschichtet wie der ganze Verstärker. Rechts sitzen die vier Eingangswähler, von denen der jeweils aktive dezent grün leuchtet – sofern du die Beleuchtung nicht abgeschaltet hast.
Nicht deaktivieren lässt sich eine Warn-Nebenfunktion der CD- und Tuner-Tasten: Bei Überhitzung lässt die Schutzschaltung die erstere blinken, bei exzessivem Ausgangsstrom – etwa durch einen Kurzschluss im Lautsprecherkabel – die letztere. Zu sehen bekommen wirst du beide Warnsignale wohl nie, solange du sauber konfektionierte Kabel verwendest und den Nait nicht als Party-Amp missbrauchst.
Sicher vor dem Upgradefieber
Die berüchtigte Upgrade-Spirale, die Naim-Besitzer:Innen angeblich erfasst und zu immer neuen Investitionen nötigt, kannst du getrost im Ordner „HiFi-Folklore“ ablegen. Erst recht beim Nait 5si, und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist der Verstärker so gut, dass man damit problemlos ein Leben lang Musik hören kann – selbst wenn die Ansprüche mit den Jahren steigen und die Boxen besser werden sollten.
Zweitens ist der 5si nicht für die bei größeren Naims lockenden Zusatznetzteile vorbereitet. Er ist und bleibt, was er ist, und wenn das wirklich nicht mehr ausreicht, musst du halt einen anderen Amp kaufen. Wie überall sonst auch. Was dem Nait 5si tatsächlich fehlt, ist eine Balance-Regelung. Und ein Pre Out, zum Beispiel für einen Subwoofer. Die schöne, stabile Fernbedienung hat zwar Balance-Tasten, aber die gelten dem nächstgrößeren Modell Nait XS3.
Der Verstärker mit Phono-Eingang ist schon deutlich teurer, bringt in seinem nahezu identischen, nun wirklich randvoll gepackten Gehäuse aber mehr Leistung, eine noch raffiniertere Schaltung, alle erdenklichen Anschlüsse und einen hervorragenden MM-Phonoeingang mit. Womit sich der Mehrpreis gegenüber dem Phono-losen 5si um ein gutes Stückchen relativiert. Zumindest Analoghörerende spüren nun also doch wieder den Upgrade-Sog – aber nur vor dem Kauf.
Unser Fazit zum Naim Nait 5si
Wenn du einen richtig guten Verstärker anschaffen willst, solltest du den Nait 5si zumindest mal gehört haben. Er kombiniert satten, druckvollen Ton mit anspringender Lebendigkeit zu einem verblüffend klar strukturierten Klang, den ihm kaum ein Preisklassen-Kollege nachmacht. Wer mit der schlanken Ausstattung zurechtkommt, findet in ihm einen erstklassig verarbeiteten Verstärker fürs Leben.
Technische Daten | |
Leistung | 2x 60W / 8 Ohm, 2x 90W / 4 Ohm |
Eingänge | 4x Cinch, davon 2 mit parallelem DIN |
Audio-Ausgänge | 1 Paar Lautsprecherbuchsen, 1x Kopfhörer 6,3 mm, Rec Out |
Quellen kabellos | – |
Netzwerk | – |
Gehäuse-Ausführungen | Schwarz |
Abmessungen (BxHxT) | 432 x 70 x 301 mm |
Gewicht | 6,8 kg |
Mitgeliefertes Zubehör | IR-Fernbedienung, Bananas für Lautsprecherkabel |
Preis | 1.799 Euro |
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