Hegel H120 im Test: Edel-Verstärker mit Streaming

- Leistung
- 75W / Kanal (8 Ohm)
- Chromecast Built-In
- –
- Quellen kabellos
- AirPlay, UPnP/DLNA
- Integrierte Streamingdienste
- Spotify Connect
- Netzwerk
- LAN
- Abmessungen (BxHxT)
- 430 x 100 x 350 mm
- Gewicht
- 11 kg
- Preis
- 2.595 €
Der Hegel H120 erfüllt klanglich höchste Ansprüche und passt zu praktisch jedem Lautsprecher. Sein D/A-Wandler klingt hervorragend, die Streaming-Ausstattung fällt dagegen etwas sehr minimalistisch aus.
- Sehr sauberer, natürlicher Klang
- Vornehme Verarbeitung
- Keine Lossless-Streamingdienste integriert
- Keine eigene App
Preislich gehoben, aber noch nicht völlig abgehoben. Zeitgemäß ausgestattet, aber nicht mit Features überladen. Klanglich auf hohem Niveau, aber auch mit „schwierigen“ Lautsprechern kombinierbar: Mit dem netzwerkfähigen Vollverstärker H120 will Hegel zeigen, dass Vernunft auch in der Luxusklasse eine Tugend ist. Ob das Gerät als wirklich vollwertiger Streaming-Amp durchgeht, hängt allerdings von deinen eigenen Vorstellungen ab.
Bei HiFi-REGLER gibt es den Hegel H120 derzeit in zwei Ausführungen:

Klar und intensiv wie Aquavit: Der Hegel H120 im Hörtest
Es fällt schwer, bei der Charakterisierung des Hegel H120 nicht auf Klischees wie das obige zurückzugreifen. Denn der H120 klingt wirklich auffällig klar, frisch und fein. Selbst sehr hochwertige andere Streaming-Verstärker, die wir zum Vergleich herangezogen haben, klingen neben dem unscheinbaren Hegel, als würden sie den Tönen noch weiche, flauschige Mäntelchen überziehen. Das Besondere am Hegel ist aber nicht, dass er auf diese Zugaben verzichtet. Sondern dass bei aller Ehrlichkeit der Sound niemals kühl oder kantig wirkt.

Stattdessen überzeugt der norwegische Amp mit klaren, deutlich artikulierten Stimmen, punktgenauen Stereopanoramen und einer tonalen Ausrichtung, die man beim besten Willen weder hell noch dunkel nennen kann. Der Ton des Hegel H120 passt sich einfach der Aufnahme an.
Der Hegel H120 ist nicht das, was du suchst? Glücklicherweise haben wir eine Menge andere HiFi-Verstärkern getestet:
Wir hören Cold Old Fire von der irischen Neofolk-Band Lynched (die sich mittlerweile in Lankum umbenannt hat) und sind verblüfft, wie geschmeidig das tönt. Kaum eine Kombination aus Verstärkern und Lautsprechern, die hier nicht irgendwie aneckt. Puristisch direkt aufgenommene Stimmen, Fiddle, Concertina, Gitarre – viel Energie im Mittelton, oft ohne Bass-Gegengewicht: Das kann schnell mal ins Lästige, manchmal auch ins Monotone kippen, oft auch beides zugleich. Muss es aber nicht, wie der Hegel uns an unseren Tannoy Eaton Monitoren zeigt. Hier kleben wir der Sängerin Radie Peat fast an den Lippen, wenn sie The Old Man From Over The Sea singt. Der Hegel nimmt Peats Stimme nichts von ihrer herben Klarheit, steht aber auch der vollen, warmen Harmonie nicht im Weg, wenn ihre Bandkollegen im Antwortvers einstimmen.
Fast röhrenartig, aber ohne die Nachteile
Die Reinheit und Ausdruckskraft des Hegel H120 erinnert fast schon an gute Röhrenverstärker. Anders als diese bleibt der Norweger aber auch an kritischen Lautsprechern perfekt ausgewogen in Bass und Grundton. Im direkten Vergleich etwa mit dem hervorragenden Cayin CS-55A, einem preislich ähnlichen Röhren-Vollverstärker, wirkte der Hegel tonal ausgewogener, im Bass deutlich druckvoller, in den obersten Hochton-Verästelungen dagegen nur einen Hauch weniger fein.

Andere Transistorverstärker, auch vergleichbar teure und sogar teurere, haben dagegen nahezu ausnahmslos einen matteren, unverbindlicheren Ton als der Hegel. Verblüffend auch die Basskontrolle und schiere Dynamik des physisch eher unscheinbaren H120: Die fetten Elektrobeats, die das neue Woodkid-Album S16 durchziehen, lassen hier ein vielfach größeres und schwereres Gerät erwarten. Wenn du deine Musik auch in Highres-Qualität genießen möchtest, kannst du momentan Tidals HiFi Plus Abo recht günstig ausprobieren:
Saftig-weiträumiger Klang auch an den Digitaleingängen
Der eingebaute Digital-Analogwandler des Hegel H120 ist deutlich mehr als eine Komfort-Dreingabe: Über USB und noch deutlicher via Netzwerk klingt er vital, weiträumig und druckvoll dynamisch. Rein klanglich bringen selbst hochwertige separate Netzwerkspieler (wir versuchten den Linn Sneaky Music DS) hier keine Verbesserung. Eingeschränkt wurde der Hörspaß in der getesteten Softwareversion durch die fehlende Gapless-Fähigkeit und das recht rudimentäre Bedienkonzept der Streamingfunktion. Auch das veraltete USB-Interface lässt beim Betrieb als USB-DAC Potential liegen.

Ausstattung und Aufbau des Hegel H120
Der Hegel H120 kann als streamingfähiger Vollerstärker das Herz einer Anlage ohne weitere Zuspielgeräte bilden. Geräte mit dieser Doppel-Funktion, wie der Naim Uniti Atom oder der noch sehr frische Cambridge Evo 150 sind nicht ohne Grund so populär. Beim Hegel H120 steht jedoch die Rolle des Verstärkers ganz klar im Mittelpunkt und wird durch das Digital- und Netzwerkboard nur ergänzt.

Cleaner Klang dank Hegel Sound Engine
Die norwegischen Entwickler verwenden auch im H120 eine Version ihrer patentierten, über viele Jahre verfeinerten Hegel Sound Engine. Das ist eine trickreiche und schaltungstechnisch aufwendige Methode, Verzerrungen verschwinden zu lassen, ohne dabei unbeabsichtigt neue Probleme zu erzeugen.

Das Sound Engine ersetzt die sonst bei Transistor-Amps übliche Über-Alles-Gegenkopplung. Jede Verstärkerstufe erhält dabei eine eigene Korrekturschaltung, die durch Vergleich von Ein- und Ausgang Verzerrungen erkennt. Von diesen erzeugt sie ein Abbild mit umgekehrtem Vorzeichen, das dem Ausgang beigemischt wird. Im Idealfall löschen sich die Verzerrungen und das Korrektursignal gegenseitig komplett aus.
Klanglich funktioniert die „Sound Engine“ hervorragend, wie wir gesehen haben. Messtechnisch senkt der Schaltungskniff nicht nur die Verzerrungen. Er erhöht auch den Dämpfungsfaktor auf Werte, wie sie eigentlich nur sehr stark gegengekoppelte Verstärker hinbekommen. Übersetzt bedeutet das: Eiserne Kontrolle auch „schwieriger“ Lautsprecher mit stark schwankender Impedanz. Dass der Verstärker im Hörtest viel muskulöser auftrat, als es seine 75 Watt (an 8Ω) Nennleistung erwarten lassen, liegt auch in dieser Eigenschaft begründet.

Falls du wirklich extrem leistungshungrige Lautsprecher betreiben willst, hat Hegel aber auch noch kräftigere Modelle im Angebot. Etwa den doppelt so starken, doppelt so schweren, ansonsten aber fast identisch ausgestatteten H190.
Ein- und Ausgänge: die richtige Mischung
Analoge Signale nimmt der H120 über zwei Paar unsymmetrische Cinchbuchsen sowie ein Paar symmetrischer XLR-Kupplungen entgegen. Das ist nicht viel, für einen modernen Amp aber meist ausreichend. Denn: ungenutzte Eingänge machen einen Verstärker weder besser noch schöner und schon gar nicht nicht billiger. Höchstens einen Anschluss für deinen Plattenspieler könntest du vermissen. Doch da musst du dir dann eben mit einem separaten Phono-Vorstärker deine Wahl behelfen.

Digitale Quellen schließt du digital am Hegel an, um dessen exzellent klingenden D/A-Wandler zu nutzen. Das kann ein CD-Laufwerk sein oder ein CD-Player mit digitalem Ausgang. Die ebenfalls vorhandenen optischen Eingänge sind ideal für die Set-Top-Box oder den Fernseher. Denn solche Geräte, die immer zugleich auch mit der geerdeten Sat-Leitung in Kontakt stehen, sind klassische Brumm-Verursacher. Die galvanisch trennende optische Verbindung überträgt das Signal, nicht aber den Brumm – Problem gelöst!
Rudimentäre Streaming-Ausstattung
Aber der Hegel H120 kann auch seine eigene Quelle sein. WiFi wollten die Hegel-Schöpfer zwar aus Qualitäts- und Stabilitätsgründen nicht in ihrem Verstärker haben. Aber mit einem LAN-Kabel verbindet sich der Verstärker im Handumdrehen mit deinem Heimnetzwerk. Und steht dann als AirPlay-Empfänger zur Verfügung (leider kein AirPlay2), akzeptiert Streams aus deiner Spotify-App und kann als UPnP/DLNA-Renderer auch Dateien von einem NAS oder PC abspielen.

Als Primärquelle für Netzwerk-Audiophile ist das Streamingboard des Hegel aber nicht mehr ganz zeitgemäß. Das fängt schon damit an, dass die Norweger keine eigene App haben und dem Kunden empfehlen, sich eine Universal-App zu kaufen. On-Device-Playlist-Unterstützung und Gapless-Wiedergabe waren damit zum Zeitpunkt des Tests nicht hinzubekommen. Durch die mittlerweile erteilte Roon-Zertifizierung (siehe unten) sollte sich das aber verbessert haben – wenn du bereit bist, das teure Abo für die Highres-Musikverwaltung Roon abzuschließen.

HighRes-Wiedergabe
Wir haben den Streamer mit Musik von unserem Netzwerk-Server ausprobiert. Zur Steuerung diente die populäre App 8player auf einem iPad. So kannst du dem Hegel über das Netzwerk auch Highres-Files schicken, etwa FLACs mit bis zu 192 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung. Diese spielt er dann problemlos ab und klingt dabei, wie bereits erwähnt, hervorragend.

Ist ein Stück zuende, bricht der Stream kurz ab, bis das Steuerprogramm den nächsten Abspielauftrag schickt. Bei Alben mit einzelnen Songs merkst du davon wahrscheinlich nichts – die Pause zwischen zwei Tracks dauert dann nur unwesentlich länger. Konzept-, Mix- und Livealben, bei denen die einzelnen Tracks ineinander übergehen, sind eine andere Geschichte. Da hörst du jedesmal einen kleinen Aussetzer wo eigentlich keiner sein sollte.
USB mit kleinen Einschränkungen
Auch die USB-Schnittstelle könnte moderner sein. Der von Hegel verwendete Interface-Chip ist schon etwas älter und erlaubt nur das Audioprotokoll USB 1.0. Das bedeutet einerseits, dass als maximale Abtastrate nur 96kHz unterstützt wird. Und andererseits, dass der USB-Empfänger sich den Datentakt vom angeschlossenen Computer diktieren lassen muss (Adaptive-Modus), statt selbst die Takthoheit zu erzwingen (Asynchroner Modus).

Sicher kann man über Sinn und Unsinn von Highres-Musik trefflich streiten. Tatsache ist jedoch, dass andere aktuelle Geräte Abtastraten bis zu 384 kHz oder gar 768 kHz unterstützen. Diesbezüglich hinkt der H120 also leider ein bisschen hinterher.
Das ist schade, denn Hegel treibt auf der selbst konstruierten D/A-Platine relativ großen Aufwand, taktet die Datenströme offenbar nach und setzt mit dem AKM AK4490 auch schon einen recht vornehmen DAC-Chip ein. Dieses exzellent klingende Digitalboard hätte eine modernere Streamingabteilung verdient. Etwa mit nativer Unterstützung nicht nur für Spotify (was tadellos funktioniert), sondern auch für TIDAL oder andere Streamingdienste.
UPDATE:
Seit einem Update im März 2022 ist der Hegel H120 nun „ROON ready“ zertifiziert. Über Roon ist dann nicht nur komfortables Highres-Streaming möglich, auch die Gapless-Wiedergabe sollte damit endlich funktionieren. Wir werden das bei nächster Gelegenheit überprüfen.
Hegel H120: Verarbeitung und Praxis
Hegel-Geräte werden in Oslo entwickelt und designt und verwenden eigenständige, manchmal auch eigenwillige technische Lösungen. Auch der H120 ist keine teuer verpackte Allerweltstechnik, sondern authentisches, ambitioniertes High End. Er wird für Hegel in China zusammengebaut, dann nach Norwegen verschifft und von dort weltweit distribuiert. Die Verarbeitung ist erstklassig, aber nicht verschwenderisch. Präzise Vorgaben etwa zur Leiterbahn-Stärke und zum Abstand bestimmter Bauteile von der Oberfläche sind direkt im Platinen-Print verewigt. Einige Bauteile kommen nicht von der Stange, sondern sind Sonderanfertigungen für Hegel.

Die Endstufe arbeitet mit einem Paar Sanken-Endtransistoren pro Kanal als stromliefernde letzte Stufe. Die davor sitzenden Eingangs- und Spannungsverstärker verfügen über eine komplett separate Stromversorgung bis hin zu einem eigenen, kleineren Trafo.
Vornehm und und dezent
Das Gehäuse ist in Schwarz und Weiß erhältlich und besteht aus dickwandigem Stahlblech mit einer gefrästen Alu-Frontplatte. Passgenauigkeit und Oberflächenqualität sind hervorragend. Auch die Vollmetall-Fernbedienung fügt sich in das positive Bild, wenngleich ihre einförmigen, klein beschrifteten Tasten etwas schwer auseinanderzuhalten sind.
Zum Surround-Betrieb mit einer externen Mehrkanal-Vorstufe in einem kombinierten HiFi- und Heimkinosystem kannst du beliebige Eingänge des H120 auf starren Maximalpegel setzen. Umgekehrt arbeitet der H120 über einen geregelten Stereo-Pre-Out auch als Vorverstärker, etwa für Bi-Amping oder zum Anschluss eines Subwoofers. Für Kopfhörer besitzt der Hegel einen eigenen integrierten Verstärker, der in einer klassischen Klinkenbuchse mündet.

Klartext auf dem Display
Ein helles, dimm- und abschaltbares OLED-Matrixdisplay zeigt Quelle und Lautstärke in gestochen scharfer Schönschrift an, übernimmt aber keine Informationen vom Streamingboard. Was gerade läuft, musst du also der Spotify- oder sonstigen App entnehmen, mit der du den Streamer gerade steuerst.

Fazit Hegel H120: Höchste Klangkultur, Schwächen beim Streaming
Der Hegel H120 vereint angebliche klangliche Gegensätze mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit: Er klingt kraftvoll und feinsinnig, klar strukturiert und zugleich organisch weich, klangfarbenstark und dennoch unverfärbt. Insofern ist er also ein wirklich toller Verstärker. Wenn du aber die Möglichkeiten des modernen Musik-Streamings ausnutzen möchtest, sind die eingebauten Streaming-Funktionen vielleicht nicht ausreichend. Doch wenn du bereit bist, Drittanbieter-Apps zu nutzen, dir Spotify als Streamingdienst genügt und du ansonsten Tracks mit maximal 192 kHz über das Netzwerk spielen möchtest, ist der Hegel H120 wegen seiner umwerfend guten Klangqualität eine Überlegung wert.
Aktuelle Angebote
Technische Daten | |
Leistung | 75W / Kanal (8 Ohm) |
Eingänge | Analog: 2x Cinch, 1x XLR / Digital 3x optisch TOSlink, 1x Cinch, 1x USB / Netzwerk 1x Ethernet RJ45 |
Audio-Ausgänge | 1 Paar Lautsprecher, 1 Pre Out (stereo) |
Chromecast Built-In | – |
Quellen kabellos | AirPlay, UPnP/DLNA |
Integrierte Streamingdienste | Spotify Connect |
MQA | – |
Roon ready | – |
Multiroom | – |
Raumeinmessung | – |
Netzwerk | LAN |
Gehäuse-Ausführungen | schwarz, weiß |
Abmessungen (BxHxT) | 430 x 100 x 350 mm |
Gewicht | 11 kg |
Mitgeliefertes Zubehör | Fernbedienung (IR) |
Preis | 2.595 € |
Hier findest du noch weitere interessante Alternativen:
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