JBL TT350 Classic im Test: Feiner Spieler mit Retro-Charme

- Antrieb
- Direkt
- Tonabnehmer ab Werk
- Audio-Technica VM95E
- Motor
- DC
- 33 ⅓ / 45 / 78 RPM
- Ja / Ja / Nein
- Anti-Skating einstellbar
- Ja
- Integrierter Phono-Vorverstärker
- Nein
- Preis
- 1.099 Euro
Der hübsche Retro-Look ist nicht die einzige Stärke des TT350 Classic. Mit Direktantrieb, sauber gelagertem Tonarm und entsprechend edlem Klang stellt er auch gehobene HiFi-Ansprüche zufrieden.
- Klassisches Design, feine Materialien
- Universeller, auch für höherwertige Tonabnehmer geeigneter Tonarm
- Sehr laufruhiger Direktantrieb
- Tonarm-Höhenverstellung schwergängig
- Kann bei dynamisch schwierigem Material etwas eng klingen
Der JBL TT350 Classic passt mit seinem Retro-Look durch Echtholzfurnier perfekt zu den anderen Komponenten von JBLs Classic-Serie. Als Direktantriebler kommt er ohne Riemen aus und will deine Platten präzise auf die richtigen Umdrehungen bringen. Neben bereits von uns getestetem JBL Spinner BT ist er der einzige Plattenspieler von JBL. Wir haben getestet, was er für einen Kaufpreis von über 1.000 Euro leisten kann.
Hier findest du den JBL TT350 Classic im Angebot:
JBL TT350 Classic – Weniger Features, dafür hochwertiger
Während der preiswerte JBL Spinner BT sich eher an Analog-interessierte Jungkund:innen wendet, ist der TT350 Classic in diesem Test ganz klar das Plattenspieler-Angebot für erwachsene, fortgeschrittene Plattenhörer:innen. Das geht schon allein aus dem Preis hervor: 1.099 Euro, der dreifache Preis des Spinners, möchten die Amerikaner für den Plattenspieler in ihrer „Classic“-Serie haben. Und das, obwohl dem 350er all die schicken, neuzeitlichen Features fehlen, die der Spinner mitbringt. Auf integriertes Bluetooth musst du hier verzichten, ebenso auf den eingebauten Phono-Vorverstärker.

Der TT350 Classic kann genau das, was Plattenspieler schon vor 50 Jahren konnten: LPs und Singles mit der jeweils passenden Drehzahl drehen und dabei den Tonabnehmer sanft und hoffentlich unfallfrei über die Platte führen. Wobei die Platte das eigentlich selbst macht. Der Tonarm muss dem Zug der Nadel also nur möglichst reibungs- und zugleich wackelfrei in Richtung Plattenmitte folgen.
Der Mehrpreis für den TT350 verschwindet also schon mal nicht in Features – im Gegenteil: Vergleicht man nur die elementaren, beim JBL TT350 Classic vorhandenen Funktionen, ist dessen Budget sogar noch weiter von dem des Spinner entfernt. Denn die 1.099 Euro erkaufen dir hier lediglich einen Teller samt Antrieb, einen Tonarm samt Tonabnehmer, sowie eine Zarge samt (schöner, getönter) Abdeckhaube.

Der Mehrpreis ermöglicht aber, dass all diese Elemente ungleich besser gemacht sind: Die Zarge mit dicker Alufront und echtem Walnussfurnier, der Tonarm mechanisch präziser und mit einem besseren System bestückt. Und dann natürlich der Direktantrieb, der gleich mehrere Klassen vornehmer ist als der DC-Riemenantrieb des Spinner BT. Wie sich das alles in Klang niederschlägt, haben wir im Hörtest für dich herausgefunden.
JBL TT350 Classic im Hörtest: niveauvoller Entertainer
Klar: Der Tonabnehmer prägt den Klang eines Plattenspielers. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Ein Audio-Technica VM95E wird zwar auf keinem ordnungsgemäß funktionierenden Spieler grob verfärbt klingen. Man erkennt also stets, dass es sich um ein sehr ausgewogenes, klangfarbenstarkes MM-System handelt. Weshalb es JBL – viele andere Hersteller auch – hier als Erstausstattung verwenden. Das VM95E hat aber das Potenzial, viel teurer zu klingen, als sein Einzelpreis (59 Euro) das erwarten lässt. Dazu braucht es aber ein wirklich stabiles Laufwerk und einen adäquaten Tonarm. Der JBL TT350 Classic ist so ein Spieler, in dem das preiswerte System über sich hinauswächst: So fein und offen, druckvoll und farbig spielen normalerweise eher deutlich teurere Systeme.

In Passion, Grace & Fire vom Flamenco-Supertrio John McLaughlin, Al Di Meola und Paco De Lucía zeigt der JBL eindrucksvoll, was er drauf hat. Da schnalzen die Saiten der drei Akustikgitarren lustvoll um die Wette, jeweils mit ihren ganz eigenen Klangfarben und Dynamikeigenschaften. Als Hörer:in sitzt du davor und kannst die drei Instrumente bequem mitverfolgen, die klassisch links – mittig – rechts auf der virtuellen Bühne platziert sind. Der Sound ist fein aufgelöst, die Gitarren behalten aber auch ihren voluminösen Korpus, den druckvollen Grund- und Tiefton, ohne den die Rhythmik ihre Spannung verlieren würde. Eine klasse Balance, die der JBL hier hinbekommt.
Starker Spieler – mit starken Mitbewerbern
Nahezu preisgleich zum JBL, hat im Hörtest aber auch der Technics SL-1500C noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Praktischerweise verwenden der japanische Komplettspieler und der US-Newcomer kompatible Headshells – und darin den gleichen Montageabstand für das System. So lassen sich nicht nur die kompletten Spieler vergleichen, sondern auch die Headshells samt Tonabnehmer hin- und hertauschen. Aber auch mit dem (preiswerteren) Abtaster des JBL ist der Technics immer dann überlegen, wenn viele Instrumente gleichzeitig und laut spielen. Sein Arm scheint davon weniger in Resonanz versetzt zu werden als der des JBL. Das jedenfalls legt die an diesen Stellen enger und unübersichtlicher werdende Raumdarstellung des TT350 Classic nahe. Der 1500er wirkt dann dynamischer, breiter und souveräner.

Andererseits entlockt der JBL dem Tonabnehmer aber bei übersichtlicherer Musik einen noch feineren, reineren Hochton und damit auch klarere Klangfarben. Sogar der Bass wirkt dann etwas konturierter. Es ist also keine leichte Entscheidung. Je anspruchsvoller die verwendeten Tonabnehmer, desto eher würden wir zum Technics tendieren. Der kommt ab Werk ja bereits mit einem sehr ordentlichen Ortofon 2M Red, lässt aber auch ein Upgrade etwa auf die 2M Blue– oder Bronze-Nadel lohnenswert erscheinen. Sinngemäß gilt das auch für den TT350 Classic: Wenn du noch Geld übrig hast, kannst du die 95E-Nadel durch eine der teureren Varianten aus derselben Familie ersetzen. Der VMN95ML-Einschub etwa kommt mit einem MicroLine-Diamanten, der die feinen Höhen des JBL um verblüffenden Detailreichtum erweitert, ohne gleich zu hell zu klingen.
Wie sich der JBL TT350 Classic gegen seine Mitstreiter beweisen kann, verrät dir ein Blick auf unsere Bestenliste:
JBL TT350: Technischer Aufbau und Praxis
Als stilvolles Maximal-Upgrade empfehlen wir schließlich noch das Grado Opus3. Es wird in Brooklyn gebaut und steckt in einem Gehäuse aus Ahornholz, das wunderbar mit dem Retro-Styling des TT350 Classic harmoniert. Vor allem aber bringt es eine saftige, vor Klangfarben strotzende Üppigkeit in den Klang des US-Spielers, von der Rock wie Klassik gleichermaßen profitieren. Auch die Raumabbildung weitet sich merklich, und der Spieler nimmt dynamische Herausforderungen gelassener, mehr laid-back als zuvor.

Mit etwas höherer Nadelnachgiebigkeit und mehr Eigengewicht als das Seriensystem scheint das Grado auch den Arm des JBL weniger zu fordern. In einem anderen Punkt kommt der Spieler dem Grado aber auch entgegen: Sein Direktantrieb ist so gut geschirmt, dass das in dieser Hinsicht anspruchsvolle Grado perfekt brummfrei spielt.
Ernstzunehmender Antrieb
Hier liegt ohnehin eine der Stärken des Plattenspielers mit Direktantrieb. Und zwar eine, die man nicht auf Anhieb sieht, und die man, wenn es nur um den Look ginge, auch locker hätte einsparen können. Aber das wollte man nicht. Insgesamt hinterlässt der JBL TT350 Classic den Eindruck, dass seine Entwickler hier ein echtes HiFi-Gerät und kein Accessoire für wohlhabende Phono-Hipster bauen wollten.

Der Direktantrieb zum Beispiel stammt zwar von einem chinesischen Zulieferer, ist in dieser Ausführung aber alles andere als billig. Und hat uns nahezu baugleich bereits beim Thorens TD 403 DD herausragend gut gefallen. Hier ist es nicht anders: Der Motor arbeitet absolut lautlos und hinterlässt einen kraftvollen, stabilen Zug im Klangcharakter des JBL TT350 Classic. In Musikpausen hörst du, wenn du aufdrehst, das weiche Rauschen der Vinylrille und sonst absolut nichts. Und wenn du einem lange ausklingenden Ton lauschst, dann verschwindet der mit perfekt stabiler Tonhöhe in diesem Hintergrund.
Solides Alu an Teller und Frontplatte
Auf der Motorachse steckt ein überraschend schwerer, präzise bearbeiteter Teller aus Aluminium – noch eine Parallele zum Thorens. Der Teller wiegt etwas unter 1,6 Kilo – oder knapp darüber, wenn du die griffige Gummimatte mitwiegst. Anders als Disco-Direktantriebe lässt sich der Motor etwas Zeit, um diese Masse in Bewegung zu versetzen. Nicht, weil er nicht schneller könnte – das Drehmoment wäre wohl vorhanden. Sondern, weil JBL der Steuerung eine Art Softstart programmiert hat.

Das ist anfangs etwas irritierend, weil der Teller sich nach dem Druck auf die Starttaste erst mal ein, zwei Sekunden lang überhaupt nicht bewegt, um dann feierlich-gemächlich loszulaufen. Aber der Spieler ist ja auch nicht für DJs, sondern für Audiophile konstruiert, die oft nicht mal beim Platte-Umdrehen den Teller anhalten.
Sein Design weist den TT350 Classic unübersehbar als Mitglied von JBLs vornehmer „Classic“-Elektronikserie aus. Die beiden anderen Komponenten sind der Verstärker JBL SA550 Classic und der Netzwerk-Player JBL MP350 Classic, die wir beide ebenfalls schon testen konnten. Dem Plattenspieler steht dieser Look logischerweise am besten: sein feines, echtes Walnussfurnier zeigt den typischen „American Walnut“-Graustich, wenn das Sonnenlicht flach drauf trifft.

Damit passt es hervorragend zur mattsilbernen, massiven Alu-Frontplatte. Die ist asymmetrisch geteilt wie bei allen Classic-Komponenten und trägt links hinter Glas das leuchtende JBL-Ausrufezeichen in Orange. Die einzigen sichtbaren Bedienelemente sitzen rechts daneben: zwei Tasten, mit denen du die Drehzahl wählst und den Spieler startest und stoppst. Mit den Tasten an der Front wirkt das Walnuss-Oberdeck umso cleaner.
Solide, aber nicht resonanzfrei: die Zarge
Die meisten Spieler in dieser Klasse reagieren recht deutlich auf mechanische Anregung. Der JBL macht da keine Ausnahme. Seine Zarge ist zwar solide aus MDF gefräst und steht auf weichen, höhenverstellbaren Dämpferfüßen. Bei aufliegender Nadel tönt’s nach vorsichtigem Klopfen aufs Oberdeck aber recht lebendig. Ein Rega Planar 3 ist in dieser Hinsicht deutlich kürzer angebunden und gibt einen Klopf-Impuls ohne großes Nachschwingen weiter.

Praktisch am TT350 ist sein integriertes Netzteil: An den Strom schließt du ihn mit einem ganz normalen Schuko-Kabel an. Ein „harter“, also fest einrastender Netzschalter auf der Rückseite trennt den Spieler komplett vom Netz, wenn du ihn länger mal nicht brauchen solltest. Im Alltag fällt der TT350 nach einer halben Stunde Stillstand automatisch in einen sehr sparsamen Standby-Modus, aus dem du ihn mit der 33er-Taste wecken kannst.
Auch beim Arm erkennen wir das Streben nach einer ernsthaften HiFi-Lösung. War der Schwenker des kleineren Spinner BT noch etwas wackelig und unpräzise, haben die JBL-Designer dem TT350 „spielfreie Tonarmlager“ ins Lastenheft geschrieben. Wenn man das als Auftraggeber will und bezahlt, macht es der Fertigungsbetrieb auch. Also schwenkt der 350er-Arm sein klassisch S-förmiges Alurohr ohne erkennbares Spiel und ohne spürbare Lagerreibung über die Platte.

Mechanikfreaks werden dennoch dem Technics-Arm auf dem SL-1500C noch weichere, feinere Beweglichkeit attestieren. Und vor allem eine angenehmer zu bedienende Höhenverstellung. Die ist beim 350 zwar vorhanden, aber schwergängig und wenig elegant. Dass sie für sehr flache Systeme nicht weit genug runtergeht, lässt sich, falls nötig, mit einer etwas dickeren Matte lösen – wie das auch beim Technics gelegentlich nötig ist.
Upgradefähiger Tonabnehmer
Was du am JBL-Spieler gelegentlich kontrollieren solltest, ist der Azimuth. Also ob der Tonabnehmer von vorne betrachtet wirklich parallel zur Plattenoberfläche ist – und die Nadel mithin wirklich senkrecht in die Rille taucht. Denn der TT350 hat eine abnehmbare Headshell, die mit einem Bajonettverschluss am Armrohr andockt. Diese Verschlüsse haben fast immer etwas Spiel. Headshell und System lassen sich also auch bei angezogener Überwurfmutter geringfügig verdrehen.

Mit bloßem Auge ist das fast nicht zu erkennen. Eine Mini-Libelle quer auf dem Headshell spricht aber eine deutliche Sprache. Wenn du ein ganz kleines Exemplar kaufst (kostet fast nichts) musst du nicht mal dessen Eigengewicht kompensieren, weil es nur 0,3 Gramm wiegt. Das hält die Nadel problemlos aus, zumal die Libelle ja nur ein paar Sekunden auf dem Headshell liegen muss.
Wie wir dir in unserem Ratgeber zum Thema Tonabnehmer einbauen erklären, kann ein korrekter Azimuth eine entscheidende Zunahme an Sauberkeit und Abbildungsgenauigkeit bedeuten. Das hörst du schon mit dem serienmäßigen Audio-Technica-System. An seinem Alu-Nadelträger führt es immerhin einen elliptisch geschliffenen Diamanten. In Verbindung mit dem für die VM-Serie neu designten Generator mit den AT-typischen, V-förmig angeordneten Doppelmagneten ist diese Nadel zu beachtlicher Auflösung fähig.

Ebenfalls wichtig: ein möglichst guter HiFi-Verstärker mit Phono-Eingang oder ein externer Phono-Vorverstärker mit niedriger MM-Abschlusskapazität. Eingebaut hat der JBL keinen – wie die meisten anspruchsvolleren Dreher.
Unser Testfazit zum JBL TT350 Classic
Als reiner Spieler ohne „moderne“ Zusatzfunktionen bringt der JBL TT350 Classic eine gewisse Zeitlosigkeit mit: Solche Laufwerke gab es schon vor 50 Jahren, und kaufkraftbereinigt waren sie damals auch nicht billiger als heute. Mit den Klassen-Primussen von Technics und Rega kann der JBL klanglich nicht ganz mithalten, was ihn einerseits etwas teuer erscheinen lässt. Andererseits erweitert sein unverwechselbares Design deine Auswahl um eine schöne Alternative.
Hier findest du den JBL TT350 Classic im Angebot:
Technische Daten | |
Antrieb | Direkt |
Tonabnehmer ab Werk | Audio-Technica VM95E |
Tonarm | Aluminium, 9", S-Form, abnehmbare Headshell |
Teller | Aluminium, 1,6 kg |
Motor | DC |
33 ⅓ / 45 / 78 RPM | Ja / Ja / Nein |
Anti-Skating einstellbar | Ja |
Höhenverstellbare Füße | Ja |
Integrierter Phono-Vorverstärker | Nein |
Preis | 1.099 Euro |
Neugierig, welche Alternativen es unter den Plattenspielern mit Direktantrieb gibt? Dann wirf doch einen Blick in unsere Bestenliste: