Chord Ultima 6 im Test: Endstufe mit audiophiler Seele – und Leistung ohne Ende

- Leistung
- 2x 180 Watt (8 Ohm), 2x 350 Watt (4 Ohm)
- Eingänge
- XLR, Cinch
- Audio-Ausgänge
- 1 Paar Lautsprecher
- Abmessungen (BxHxT)
- 480 x 180 x 360 mm
- Gewicht
- 22 kg
- Preis
- 10.490 Euro
Um von den Leistungsreserven der Ultima 6 zu profitieren, brauchst du keine Riesenboxen. Auch und gerade hochwertige Kompaktlautsprecher wirst du an dieser Endstufe nicht wiedererkennen. Zusammen mit der passenden Vorstufe Ultima Pre 3 wird daraus eine der begehrenswertesten Verstärker-Kombis am Markt.
- Natürlicher, geschmeidiger Klang mit sehr hoher Dynamik
- Geringe Wärmeentwicklung, stapelbar
- Unverwechselbares Design, exzellente Verarbeitung
- Beleuchtung nicht komplett abschaltbar
Auch mit kleinen Amps kann man faszinierende Anlagen bauen. Für kompromisslose Ansprüche, weniger kooperative Lautsprecher oder weitläufige Räume brauchst du vor allem Power. Oder besser: noch mehr Power. Aus der Ultima 6 von Chord Electronics soll diese Power noch üppiger und zugleich unangestrengter sprudeln als aus ihren Vorgängermodellen. Wir haben die neue Endstufe getestet.
Chord Ultima 6: Endstufe im Detail
Was erwartest du von einer separaten Endstufe – vor allem wenn sie 22 Kilo wiegt und rund 10.000 Euro kostet? Genau: in erster Linie viel Leistung. Und da die beste Leistung die ist, die man nicht braucht, hat Chord der Ultima 6 reichlich davon mitgegeben. 350 Watt pro Kanal an vier Ohm gibt der englische Hersteller an – und Chord neigt in seinen Datenblättern erfahrungsgemäß zur Untertreibung. Die Chord Ultima 6 dürfte also in der Regel mehr Saft im Ärmel haben, als sie gerade in die Boxen pumpt. Auch in wirklich großformatigen Anlagen und unter wüstem Impulsgetrommel. Dabei ist die Chord Ultima nicht einmal das Topmodell, sondern der kompakte Einstieg in die Welt der Fullsize-Chords.

Aber Kraft allein reicht nicht aus. Man muss sie intelligent einsetzen und perfekt kontrollieren. Weshalb Chord die neue Ultima-Serie schaltungstechnisch grundlegend überarbeitet hat – zum ersten Mal seit Jahrzehnten. Wie sich das klanglich auswirkt, haben wir im Hörraum herausgefunden.
Chord Ultima 6 im Hörtest: Feingefühl und Urgewalten
Als designierter Partner wartete im Hörraum bereits der Chord Ultima Pre 3 auf seine Endstufen-Partnerin. Aber auch der Marantz Link 10n und der T+A PSD 3100 HV – beides feinste Streaming-Vorstufen – durften sich an der Ultima 6 versuchen. Wie alle bedeutenden Hersteller tritt auch Chord Electronics in so einem Hörtest nicht als unbeschriebenes Blatt an. Die – zugegeben schon einige Jahre alten – Erinnerungen an die Endstufen aus Kent sind dabei nicht uneingeschränkt positiv. Detailreichtum und ungestüme Kraftentfaltung hatten sie zwar schon immer drauf. Eine treue Fangemeinde von Studioprofis und HiFi-Genießern liebt sie genau dafür. Aber nicht jeder Hörer – oder jede Anlage – kommt optimal mit dem prickelnd-feinen Timbre der Verstärker zurecht. Sie können die Musik leicht technisch wirken lassen.

An alle, die Chord-Verstärker schon mal gehört haben, daher unsere dringende Empfehlung: Vergesst das alles ganz schnell wieder. Und setzt euch dann vor eine Kette mit der aktuellen Elektronik. Denn die Ultima 6 verbindet die alten Stärken – allen voran ihre tolle Dynamik – mit einem neuen, herrlich seelenvollen und subtilen Feingefühl. Aus der Kombination dieser Talente entsteht eine der besten Endstufen, die wir je in unseren Räumen gehört haben. Wäre Musik Malerei, bekämen wir von der Ultima 6 monumentale Bildformate. Meter für Meter gefüllt mit haarfeinen Details, aber auch einem unerschöpflichen Repertoire an Farben.
Dynamik, die die Boxen verschwinden lässt
Hier geht es nicht primär um die maximale Lautstärke, sondern mehr um den Größenmaßstab. Mit der Ultima 6 scheint die Musik nicht mehr aus den Boxen zu kommen, sondern wie eine Lawine in den Raum zu rollen. Dabei ergibt sich bei praktisch jeder Platte augenblicklich ein dreidimensionales, pegelunabhängig absolut stabiles Raumbild. Unsere generell sehr abbildungsgenaue Tannoy Eaton nagelt auch hier die Stimmen und Instrumente akkurat im Raum fest. Dabei wirken die Schallereignisse aber größer, präsenter und selbstverständlicher als mit den meisten anderen HiFi-Verstärkern. Toppen lässt sich diese Raumweite allenfalls mit der HV-Endstufe von T+A, die aber einen anderen Charakter besitzt: nicht ganz so elegant fließend und farbenprächtig, aber etwas konturierter.

Das Britzelig-Elektrische, das den Klang älterer Chord-Endstufen oft begleitete, ist verschwunden. Aber die Musik wirkt deshalb nicht dunkler als zuvor, und auch nicht weniger aufregend. Sondern nur glatter, geschmeidiger und organischer.
Um die enorme Dynamik der Endstufe zu erleben, braucht man nicht lang zu hören. LP-Fans reicht dazu das Aufsetzen der Nadel auf die Platte und die paar Sekunden Leerrille, bis die Musik einsetzt. An diesem ersten „Knack“-Impuls erkennt das geschulte Ohr augenblicklich mehrere Dinge gleichzeitig. Zu langsame Amps lassen es weich und verwaschen klingen, ein Mangel an Tiefgang und Bassenergie lässt es dünn und hohl wirken. Auch das Vinylrauschen in den Sekunden danach ist ein deutlicher Indikator. Mit der Ultima 6 rauscht es ungewöhnlich fein und nuanciert. Wenig überraschend, dass sich später auch mit Stimmen, Schlagzeugbecken oder Saxophonen ein sehr offener, charaktervoller und reich differenzierter Eindruck ergibt.
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Chord Ultima 6: Technischer Aufbau und Praxis
In Erinnerung bleibt von der Endstufe einerseits dieser weiche, feine, weiträumige Flow, andererseits die schier unglaubliche Kraft, mit der Bassfiguren in den Raum gestemmt werden. Eine Ballerina, die zuschlägt wie ein Schwergewichtsboxer, ohne dabei auch nur einen Tropfen Schweiß zu vergießen. Möglich wird das nicht nur durch sehr hohe Leistungsreserven. Der raffinierte Aufbau lässt die Ultima 6 auch extrem schnell und verzerrungsarm klingen.
Konventionelle Korrekturmaßnahmen per negativer Über-Alles-Gegenkopplung wirken zu träge, um dieses Ziel zu erreichen. Chord verwendet in der neuen Endstufengeneration daher eine „Dual-Feed-Forward“–Schaltung, die aus dem Vergleich von Ein- und Ausgangssignal ein Korrektursignal generiert und dieses zum Eingang addiert. Basis ist ein raffiniertes „error correction“-Schaltprinzip, das der englische Professor Malcolm Hawksford in den 80er Jahren publizierte.

Wobei es von vornherein gar nicht so viel zu korrigieren gibt. Auch weil Chord nicht mit Transistoren von der Stange arbeitet. Stattdessen lässt sich die Firma eigene, auf Audio spezialisierte Transistoren (Lateral-MOSFETs) bei einem englischen Hersteller anfertigen. Firmengründer und Entwickler John Franks argumentiert, dass Transistoren ursprünglich als reine Schalter entwickelt wurden. In HiFi-Verstärkern müssen sie aber das genaue Gegenteil tun: Ihre Strompforten möglichst linear und feinfühlig öffnen und schließen, um den Amplitudenverlauf der Musik exakt abzubilden. Die Chord-Halbleiter im altmodischen TO3-Metallgehäuse sind daher explizit auf eine möglichst lineare Kennlinie optimiert.
Die genaue Arbeitsweise eines Transistores erklären wir dir ausführlich in unserem Ratgeber zum Thema Verstärkerklassen:
Kaum Abwärme, riesige Reserven
Die Ultima 6 beschäftigt pro Kanal gleich vier Paare dieser Spezialtransistoren. Deren inhärent hohe Linearität lässt die Endstufe mit sehr niedrigen Ruheströmen auskommen. Der Amp wird dadurch kaum warm. Hohe Ansprüche stellen die MOSFET-Oktette dagegen an die vorangehenden Treiberstufen. Weshalb Chord hier einen veritablen High-Voltage-Verstärker einsetzt, dessen Versorgungsspannung sogar höher ist als die der eigentlichen Endtransistoren.

Gefüttert werden die vielen Halbleiter aus mehreren Hochleistungs-Schaltnetzteilen, die Chord selbst entwickelt und baut. Die Firma gehört zu den Pionieren dieser Netzteiltechnologie. Sie kann bereits hier, in der kleinsten Ultima-Endstufe, soviel Strom umsetzen, dass die übliche IEC-Kaltgerätebuchse an ihre Grenze von zehn Ampère kommt. Stattdessen bauen die Engländer der Ultima 6 einen C20-Stecker ein, der 16 Ampère übertragen darf. Und legen natürlich auch das passende Kabel mit C19-Kupplung bei.
Man ahnt also schon, dass die 350 Watt pro Kanal an vier Ohm noch nicht das letzte Wort sind. Als maximale Stromaufnahme gibt Chord 1,5 Kilowatt an. Das spricht für erhebliche Reserven. Ihr Eingangssignal erhält die Ultima 6 per Cinch- oder XLR-Kabel. Beide Anschlüsse liegen parallel und sind nicht umschaltbar. Wenn deine Verbindungen nicht sehr lang sind, kannst du nach Gehör entscheiden, welcher Eingang dir besser gefällt. Andernfalls raten wir zu XLR. Wir zogen im Test durchgehende XLR-Verkabelung vor – vom Endstufeneingang bis zum Phono-Verstärker oder Netzwerk-Player.

Unverkennbar Chord: Design und Verarbeitung
Wer unauffälliges HiFi sucht, dürfte mit dem schwungvoll-futuristischen Design der Chord-Komponenten Schwierigkeiten haben. Wir lieben es – auch weil es mit exzellentem Material und großer Präzision umgesetzt ist. Das Gehäuse besteht laut Chord aus aircraft grade Aluminium. Der Begriff kann für eine ganze Reihe von Legierungszusammensetzungen stehen, schließt aber stets hohe Reinheit und Gleichförmigkeit ein. John Franks‘ Design zeigt dir dann auch keine schlichten, planen Flächen, sondern arbeitet mit zentimeterdicken, plastisch ausgefrästen Platten aus dem teuren Material. Die Elektronik wird zu einer Art moderner Skulptur. Das eigentliche Chassis ist eher Midi-formatig, während Front und Rückwand seitlich überstehen und an je zwei massiven Längsträgern die ebenso massiven Zylinderfüße tragen.

Der exponierte Rahmen wirkt wie eine Spielerei, entpuppt sich in der Praxis aber als äußerst praktisch. Die Längsträger dienen als stabile, komfortable Tragegriffe. Und die Füße erlauben es, mehrere Chord-Komponenten betriebssicher zu stapeln. Sonst oft verpönt, wird diese Aufstellart von Chord sogar explizit empfohlen. Mit dem Ultima Pre 3 huckepack entsteht aus der Ultima 6 etwa ein spektakulär schöner Quasi-Vollverstärker.

Ebenfalls markentypisch ist der türkisfarben beleuchtete Innenraum. Der mattierte Kunststoffkugel-Schalter glimmt im Standby dunkelrot und nimmt in Betrieb dasselbe strahlende Türkis an wie der Innenraum. Er sieht dann ein bisschen aus wie unser Heimatplanet, fotografiert aus den Tiefen des Weltraums. Oder wie der Brust-Reaktor, der einen Marvel-Superhelden mit Energie versorgt, um ebendiese Erde zu retten. Jedenfalls sehr cool – und vielleicht deshalb auch nur dimm-, aber nicht ganz abschaltbar.
Unser Fazit zur Chord Electronics Ultima 6
Die spektakuläre Optik der „kleinsten“ unter den großen Chord-Endstufen ist natürlich Geschmackssache. Weshalb der Hersteller alternativ auch eine Variante ohne die Raumschiff-Füße und mit geschlossenen Acryl-Seitenteilen anbietet. Die ist aber nicht so elegant stapelbar. Wenig Diskussionen dürfte es beim Klang geben: Die neue Schaltung verstärkt extrem natürlich, geschmeidig und großformatig, verbindet grandiose Dynamik mit musikalischem Feingefühl. So entsteht eine Endstufe, mit der wir richtig gerne arbeiten – weil auch nach stundenlangem Hören Spaß und Staunen nicht weniger werden.
Technische Daten | |
Leistung | 2x 180 Watt (8 Ohm), 2x 350 Watt (4 Ohm) |
Eingänge | XLR, Cinch |
Audio-Ausgänge | 1 Paar Lautsprecher |
Abmessungen (BxHxT) | 480 x 180 x 360 mm |
Gewicht | 22 kg |
Mitgeliefertes Zubehör | Netzkabel |
Verfügbare Farben | Schwarz, Silber |
Preis | 10.490 Euro |
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