Clearaudio Compass im Test: Analog-Einstieg auf hohem Niveau

- Antrieb
- Riemen, manuell
- Tonabnehmer ab Werk
- Clearaudio N1
- Motor
- DC-Motor
- 33 ⅓ / 45 / 78 RPM
- Ja / Ja / – (elektronische Umschaltung)
- Anti-Skating einstellbar
- Ja
- Integrierter Phono-Vorverstärker
- –
- Preis
- 1.290 Euro
Wer so „einsteigt“, ist zu beneiden: Der Clearaudio Compass geizt mit Komfort und Spielereien, konzentriert sich dafür ganz und gar auf seine Hauptaufgabe. So wird er zu einem für die Ewigkeit gebauten Präzisionstool für die Plattenwiedergabe.
- Sauberer, räumlich großzügiger, warmer Klang
- Sehr gut gelagerter Tonarm
- Mustergültige Verarbeitung, angenehm klares Design
- Antiskating schwierig einzustellen
Ob du einen Plattenspieler für knapp 1300 Euro noch als Einstieg bezeichnen würdest, hängt von deinem Budget ab. Aber auch davon, wie du Einstieg definierst. Vielleicht geht es ja gar nicht um den allerersten Plattenspieler. Vielleicht willst du nach langer Vinyl-Abstinenz wieder frisch in die Plattenmanie eintauchen. Für beide Fälle bietet der Clearaudio Compass hervorragende Voraussetzungen. Schließlich steht er auf den Schultern von deutlich teureren Riesen. Dass er klanglich trotzdem kein Zwerg ist, können wir nach unserem Test bestätigen.
Hier kannst du den Clearaudio Compass direkt bestellen:
Der neue Einstieg bei Clearaudio
Bei Autos passiert das regelmäßig: Das alte Basismodell ist mit den Jahren immer größer, perfekter und teurer geworden. Bis darunter irgendwann genügend Platz für ein neues Modell ist, das den alten Preispunkt wieder besetzt. Auch HiFi bleibt von dieser Entwicklung nicht verschont. Der Clearaudio Concept kam vor 20 Jahren für fast exakt den gleichen Preis auf den Markt, der jetzt für den neuen Clearaudio Compass fällig ist.

Während der Clearaudio Concept Signature inzwischen an der 2500-Euro-Marke liegt und je nach Ausstattung sogar weit darüber hinaus reicht, will uns der Compass zeigen, was für 1290 Euro möglich ist. Wohlgemerkt: Auch er ist ein Komplettspieler mit hochwertigem, vormontiertem Tonabnehmer. Und auch er wird im fränkischen Erlangen montiert, wo das Familienunternehmen Clearaudio seinen Sitz hat.
Schon der optische Eindruck des neuen Spielers verrät uns, dass sich bei Clearaudio in den vergangenen Jahren viel getan hat. Das Design ist noch reduzierter und punktgenauer, das Finish noch professioneller. Sparsamkeit spürt man an diesem Spieler nirgendwo. Auch beim Tonabnehmer hat Clearaudio nicht den einfachen Weg gewählt, einen der üblichen Verdächtigen von Audio-Technica oder Ortofon einzubauen. Sondern dem Compass ein Klassesystem auf den Leib geschneidert: Das N1 hat im Hörtest des Compass nun ein Heimspiel.

Clearaudio Compass im Hörtest: sahnig-sauberer Sound
Als Gegenspieler haben wir im Hörraum zunächst den Rega Planar 2 aufgebaut, der ebenfalls einen hauseigenen Tonabnehmer namens Nd3 mitbringt. Als Paket heißt er dann Planar 2 Limited und kostet 799 Euro. Das könnte man jetzt unfair finden. In vergangenen Tests hat er sich aber immer wieder als Stolperstein auch für viel teurere Dreher entpuppt.
Nicht jedoch beim Compass, wie wir nach der ersten Seite von Moondust For My Diamond ohne große Diskussionen notieren. Das Soloalbum des Wild-Beasts-Sängers enthält eleganten, clubbigen House-Pop voller feiner, sensibler Melodien. Die Produktion ist warm, glamourös und detailreich – und davon möchten wir natürlich möglichst viel mitbekommen, wenn wir die Platte hören.

Der Clearaudio extrahiert von dieser Pop-Essenz tatsächlich deutlich mehr aus dem Vinyl als unser hochgeschätzter Rega. Bei Songs wie Golden Ratio muss man nicht lange hin- und herwechseln: Thorpes Stimme steht stolzer und näher vor den Lautsprechern, entwickelt in lauteren Passagen mehr Dringlichkeit und Körper und bleibt auch bei den leiseren Noten sauber artikuliert. Auch der fabelhafte Avantgarde-Folk von Tunng auf Good Arrows wirkt mit dem deutschen Spieler enorm unterhaltsam, mit warmen, klar umrissenen Stimmen und dynamischem Groove.
Souveränes Laufwerk
Der eigentliche Kontrahent für den Clearaudio ist aber nicht der Rega Planar 2, sondern der Rega Planar 3 in seiner RS-Edition. Der ist exakt gleich teuer wie der Compass und wurde bei dessen Entwicklung garantiert auch mal aufgebaut und im Vergleich gehört – zur Standortbestimmung. In der Summe der klanglichen Eigenschaften kommen die deutschen Entwickler dann auch nah an das südenglische Spieler-Highlight heran. Allerdings mit ganz anderen Stärken und Sound-Schwerpunkten.

Der Compass wirkt bei manchen Platten gravitätischer und atmosphärischer als der Rega. Etwa wenn A.A. Williams auf ihrem Corona-Lockdownalbum Songs From Isolation Stücke von The Cure, den Pixies oder auch Radiohead covert – allein am Klavier in ihrem Wohnzimmerstudio. Der Rega tastet mit seinem nackt-elliptischen Diamanten akkurater ab und versieht die Musik mit intensiverer Feinstruktur. Er lässt Bass-Saiten noch herzhafter schnalzen und Pianoanschläge noch klarer perlen. Er lässt dem Clearaudio aber den Vortritt, wenn es darum geht, große Aufnahmeräume glaubwürdig nachzuzeichnen, und wenn Musik ruhigen, majestätischen Flow haben soll.

Zu dieser Ruhe trägt beim Clearaudio auch dessen besserer Störabstand bei: Mit MM-Systemen kann sich der Rega ganz leichte Brummeinstreuungen nicht verkneifen, die bei sehr guten Pressungen auf den jeweils letzten Stücken einer Seite hörbar werden. Der Compass bleibt bei korrekter Erdung still wie ein Grab, auch wenn der Tonabnehmer über der letzten Rille schwebt.
Wie sich der Clearaudio Compass im Vergleich mit weiteren Plattenspielern schlägt, verrät dir ein Blick auf unsere Bestenliste:
Technischer Aufbau und Praxis – Das steckt im Compass
Bei der oben angesprochenen Erdung mussten wir beim Testgerät allerdings etwas nachhelfen: Direkt aus dem Karton und nach Anleitung angeschlossen, brummte der Spieler in unserer Anlage herzhaft. Als Störquelle konnten wir die dicke Stahlplatte identifizieren, die den Unterboden des gesamten Spielers verkleidet.

Stahl schirmt gut, muss dazu aber geerdet sein, sonst wird er zur Sendeantenne für Störfelder. Ein zusätzliches Massedrähtchen macht dem Spuk ein Ende. Ob du dieses Drähtchen auch brauchst, ist nicht gesagt, weil jede Anlage einen anderen elektromagnetischen Mikrokosmos um sich herum vorfindet (und selbst mit aufbaut).
Was die Stahlplatte auf jeden Fall kann: den Spieler steifer, schwerer und resonanzärmer machen. Beim Auspacken liegt die Zarge beeindruckend kühl und solide in der Hand, oben seidenmatt lackiertes MDF, unten besagter Stahl. Arm und Alu-Innenteller sind bereits montiert. Nur den Riemen und den wunderschönen Hauptteller aus transparentem Acryl musst du noch auflegen.

Der Teller ist so präzise gearbeitet, dass man beim besten Willen nicht erkennen kann, ob er sich dreht oder nicht. Er benötigt keine Matte und gibt, wenn keine Platte draufliegt, reizvolle Einblicke in den darunter befindlichen Antrieb. Clearaudio verwendet einen Gleichstrommotor mit elektronischer Umschaltung und präzisem Metall-Pulley. Ein geschliffener Flachriemen überträgt die Kraft auf den Innenteller, der sich in einem ganz klassischen Lager aus Stahlachse, Bronzebuchse und Teflonboden dreht.
Überzeugender Tonarm am Clearaudio Compass
Damit keine äußeren Einflüsse die Ruhe des Antriebs stören, hat Clearaudio den Compass auf drei höhenverstellbare Füße aus poliertem Alu mit integrierten Gummidämpfern gestellt. Die Entkopplung von der Stellfläche zählt trotzdem nicht zu den Stärken des Spielers, der dezentes Klopfen auf den Rackboden recht deutlich an die Lautsprecher weitergibt.

Nur halb überzeugt hat uns auch das Antiskating, das das Armrohr mit einem Gewicht am Nylonfaden hinter dem Drehpunkt nach innen zieht. Daraus resultiert am Tonabnehmer zwar der korrekte Zug nach außen, um die durch Abtastreibung entstehende Skatingkraft zu kompensieren. Die genaue Stärke dieser Kompensation ist aber nicht gut einstellbar, und der Faden kommt bei kleinen Werten dem Kardanring des Tonarmlagers ins Gehege. Beheben könnte man das mit einem etwas kleineren Gewicht, das dann entsprechend etwas weiter hinten angreift.
Vom Antiskating abgesehen ist der Arm des Compass – er heißt einfach T1 – einer der bislang schönsten Clearaudio-Entwürfe. Er liegt solide in der Hand, verwöhnt den Tastsinn mit seidig eloxierten Alu-Oberflächen und das Auge mit perfekten Proportionen. Seine Lager – Kugellager für die Schwenkbewegung, Saphirlager fürs Auf und Ab – vermitteln das Gefühl absoluter Präzision und halten den Tonabnehmer auf seiner Reise über die Platte frei von Störeinflüssen durch Reibung oder Spiel.

Hier kannst du zu einem späteren Zeitpunkt bedenkenlos auch höherwertige Systeme als das vormontierte N1 einbauen: Azimuth und Tonarmhöhe sind anpassbar, und das Edelstahl-Gegengewicht hat auch mit schweren Abtastern kein Problem. In unserem Ratgeber erfährst du, was du beim Tonabnehmer einbauen beachten solltest.
Feiner Abtaster ab Werk
Der serienmäßige Clearaudio N1 gehört selbst auch zu den etwas schwereren Brocken: 12,5 Gramm wiegt er dank seines soliden, gefrästen Alugehäuses. Als Auflagekraft empfiehlt Clearaudio 2,2 Gramm. Als Abtastnadel dient ein elliptisch geschliffener, metallgefasster Diamant, der saubere Hochtonwiedergabe mit günstigen Unterhaltskosten verbindet: Eine Ersatznadel kostet den Gegenwert von zwei LPs und ist – ungewöhnlich bei Clearaudio – vom Nutzer oder der Nutzerin selbst umsteckbar.

Automatikfunktionen suchst du am Compass vergeblich. Dafür hältst du dich besser an die von uns getesteten Plattenspieler mit Automatik. Vorne rechts unter der Zarge sitzt ein Wippschalter mit drei Stellungen für 33, 0 und 45 Umdrehungen. Den Arm senkst du mit einem sehr präzise und behutsam absenkenden Lift auf die Platte. Und da bleibt er auch, bis du ihn manuell wieder abhebst.
Anders als der große Bruder Concept kommt der Compass aber mit einer klappbaren Acrylhaube, die den Spieler bei Nichtbenutzung vor Staub schützt. Du kannst sie auch beim Musikhören vorsichtig zuklappen. Gehörst du zu den Puristen, die aus klanglichen Gründen lieber ohne Haube hören, kannst du sie mit einer Handbewegung komplett abziehen – und ebenso einfach wieder auf ihre Scharniere stecken.

Unser Fazit zum Clearaudio Compass
Wirklich billige Plattenspieler kann man in Deutschland nicht mehr bauen. Der Compass als kleinstes Clearaudio-Modell ist dann auch kein wirklicher Einsteiger-Dreher, sondern eine vorzüglich verarbeitete audiophile HiFi-Komponente. Die sich ganz respektlos sogar mit dem über Jahrzehnte gereiften Preisklassen-Champ von Rega anlegt und dabei gar nicht schlecht wegkommt. 1290 Euro kann man in der HiFi-Welt jedenfalls bedeutend schlechter anlegen – aber kaum besser als im Clearaudio Compass.
Hier kannst du den Clearaudio Compass direkt bestellen:
Technische Daten | |
Antrieb | Riemen, manuell |
Tonabnehmer ab Werk | Clearaudio N1 |
Getestet mit: | Clearaudio N1 |
Tonarm | Clearaudio T1, 9", mittelschwer |
Teller | Methacrylat auf Alu-Innenteller, 1,3 kg |
Motor | DC-Motor |
33 ⅓ / 45 / 78 RPM | Ja / Ja / – (elektronische Umschaltung) |
Anti-Skating einstellbar | Ja |
Höhenverstellbare Füße | Ja |
Integrierter Phono-Vorverstärker | – |
Preis | 1.290 Euro |
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