Netflix-Filme: Streaming-Dienst startet Qualitätsoffensive

Häufig musste sich der Streaming-Riese Netflix in den vergangenen Jahren anhören, zwar eine große Menge an Filmen und Serien zu veröffentlichen, gerade in puncto Filme jedoch kaum wirklich gute Werke hervorzubringen. Dies änderte sich 2019 in beeindruckendem Maße.
Während Netflix es zu beginn des Jahres an der Film-Front noch eher ruhig angehen ließ, drehte der Streaming-Dienst in den letzten Monaten auf. Dies weist darauf hin, dass Netflix bei der nächsten Award-Season ein Wörtchen mitreden will. Auch zeigt das aber, dass der Platzhirsch angesichts frischer Konkurrenz wie Apple TV Plus und Disney Plus die Muskeln spielen lässt. Und das ist Grund genug für uns, einen genaueren Blick auf die Chronologie der Netflix-Filme seit dem 18. Oktober zu werfen!
Netflix vom 18. Oktober bis 1. November: Drohgebärden
Auch wenn in der Zeit zwischen Oktober und November noch nicht die ganz großen Meisterwerke erschienen, setzte Netflix hier einige klare Statements.
18. Oktober 2019: Die Geldwäscherei
Auch wenn Die Geldwäscherei, ein Film über die Panama Papers, hauptsächlich enttäuschte, präsentierte Netflix hier bereits die zweite Zusammenarbeit mit Ocean’s-Regisseur Steven Soderbergh. Dieser liefert hier zwar seinen vielleicht schwächsten Film ab, dennoch zeigt Netflix durch die erneute Kooperation, dass der Dienst in der Lage ist, A-Lister der Branche zu binden und sich als attraktive Alternative zur Kino-Konkurrenz darzustellen. Mit Meryl Streep, Antonio Banderas und Gary Oldman sind weitere große Namen an Bord.

25. Oktober: Dolemite is my Name
Nur eine Woche später erschien Dolemite is my Name bei Netflix. Der Film handelt von dem Comedian Dolemite, der in den 60er- und 70er-Jahren die afroamerikanische Comedy-Szene prägte. Durch sein Pimp-artiges Auftreten gilt er zudem als Urvater des Raps.

Gespielt wird dieser von Eddie Murphy, der seit Ewigkeiten mal wieder eine wirklich starke Leistung zeigt. Mit diesem unterhaltsamen Film zeigt Netflix, dass sie lockeres Entertainment in Film-Form herausbringen und beleuchten außerdem sehr liebevoll ein Milieu, das ansonsten in der Filmlandschaft kaum Aufmerksamkeit findet.
1. November: The King
Wieder sieben Tage später kam das nächste Highlight. Auch hier kann man noch nicht von einem lupenreinen Meisterwerk sprechen, jedoch gehört The King durchaus zu den besseren Historiendramen der letzten Jahre. Netflix bringt damit ein Genre ins Wohnzimmer, welches zuvor dem Kino zueigen war. Mit Timothée Chalamet spielt außerdem einer der gefragtesten Jungschauspieler die Hauptrolle.

Netflix vom 15. November bis 6. Dezember: Bereitmachen für die Oscars
Ab dem 15. November starteten vier Filme auf Netflix, die von Kritikern hochgelobt wurden und teilweise sogar zu den Favoriten für die kommende Award-Season zählen.
15. November: Klaus
Den Start läutete der Animationsfilm Klaus ein. Neben zahlreichen eher belanglosen Weihnachtsfilmen, die Jahr für Jahr auch bei Netflix erscheinen, sticht dieser stark heraus. Mit einem eigenwilligen Stil und einer innovativen Herangehensweise an die Weihnachtsgeschichte dürfte eine Nominierung für den besten Animationsfilm durchaus drin sein. Toy Story 4 könnte als Konkurrent bei der Verleihung dann aber doch noch eine Nummer zu groß sein.

27. November: The Irishman
Zwölf Tage später wurde dann The Irishman bei Netflix veröffentlicht. Der Film lief auch in Deutschland zwei Wochen in den Kinos, bevor er sich zum Programm von Netflix gesellte. The Irishman ist der bisher größte Wurf, den Netflix überhaupt hingelegt hat. Denn das dreieinhalb Stunden lange Epos kommt nicht nur von Kultregisseur Martin Scorsese, sondern bringt auch Schauspiel-Legenden wie Robert DeNiro, Al Pacino, Joe Pesci oder Harvey Keitel zurück zu ihren Wurzeln: Ins Genre der Gangster-Filme. Nachdem Scorsese zuvor bei zahlreichen Kinostudios auf Ablehnung gestoßen war, hatte Netflix dem Regisseur als einziger Verleih ermöglicht, das ambitionierte Werk umzusetzen.

Damit hat Netflix nicht nur einen ernsthaften Oscar-Anwärter ins Rennen geschickt, sondern dürfte auch einige kritische Filmschaffende auf seine Seite gezogen haben. Auch wird vermutet, dass der Film durch den Netflix-Release eine viel breitere Zuschauerschaft erreichen konnte, als es ein reiner Kinostart gebracht hätte. Ein weiteres, starkes Argument für Netflix bei künftigen Projekten.
29. November: Ich habe meinen Körper verloren
Am 29. November veröffentlichte Netflix Ich habe meinen Körper verloren. Ein französischer Zeichentrickfilm, der voraussichtlich zwar keine Rolle bei den großen Filmpreisen spielen wird, wohl aber eine sehr positive Resonanz erhielt. Die emotionale Geschichte um einen jungen Franzosen, der bei einem Unfall seine Hand verliert, die sich daraufhin auf die Suche nach ihrem Körper macht, ist sehr mystisch und schön gezeichnet. Das ist genau die Art von künstlerisch anspruchsvollem Film, die Netflix in den vergangenen Jahren so vehement abgesprochen wurde.

7. Dezember: Marriage Story
Der letzte nennenswerte Film, der 2019 auf Netflix startet, ist wie schon Die Geldwäscherei die zweite Zusammenarbeit in Folge mit dem gleichen Regisseur. Noah Baumbach drehte bereits 2017 The Meyerowitz Stories mit Netflix. Und auch Marriage Story startet exklusiv beim Streaming-Dienst. Das neue Werk des Frances Ha-Regisseurs ist mit Scarlett Johansson, Adam Driver und Laura Dern hochgradig besetzt und überzeugt durch die authentische Darstellung einer Ehe. Nicht nur wird der Film als Mitfavorit auf den Oscar gehandelt, auch Scarlett Johansson und Adam Driver haben große Chancen auf einen Goldjungen.

Apple patzt, Amazon hängt in der Luft, Disney startet vielversprechend
„Qualität statt Quantität“ – das war das große Versprechen, mit dem Apple den eigen Streaming-Dienst Apple TV Plus bewarb. Jetzt sind die ersten Serien mittlerweile geschaut und die Kritik spricht teilweise vernichtende Urteile über die Apple Originals. Während The Morning Show und Dickinson so lala aufgenommen werden (61 und 66 Punkte bei Metacritic), wird die Serie See mit Jason Momoa geradezu zerrissen (37 Punkte bei Metacritic). Und Apple hat bereits den Programm-Chef entlassen, der für das Start-Programm verantwortlich war.

Amazon Prime hingegen konnte mit The Report im Jahr 2019 durchaus einen Achtungserfolg erringen, dieser ist aber nicht mit der Art Medienecho und Resonanz zu vergleichen, die Netflix zuletzt zuteil wurde. Bei Disney Plus müssen wir den weltweiten Start und die ersten exklusiven Filme noch abwarten – die ersten Folgen von The Mandalorian lassen aber schonmal einiges hoffen.
Ein Blick in die Zukunft
Netflix behauptet sich also pünktlich zur aufkeimenden Konkurrenz mit beeindruckender Qualität, bei der keiner der anderen Dienste wirklich mithalten kann. Exklusive Inhalte werden in einem sich entzerrenden Streaming-Markt der entscheidende Faktor sein. Aktuell kann nur Disney Plus mit Netflix mithalten, wobei Disney eher mit älteren Produktionen punktet.
Ob sich Apple TV Plus steigern kann und Amazon und Disney in Zukunft regelmäßig hochwertiges Exklusiv-Material produzieren, bleibt abzuwarten. Wenn Netflix da weitermacht, wo es 2019 aufhört, bleibt der Dienst jedenfalls Pflicht für jeden Film-Fan. Auch wenn viele Inhalte von Disney und Co. dann nicht mehr zum Programm gehören werden. Weitere Infos zu den aktuellen Angeboten findest du in unserem Ratgeber zu den besten Streaming-Diensten.
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