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Streit um digitalisierte Platten: Musiklabel verklagen Internet Archive

Sony Music Entertainment und Co. fordern bis zu 372 Millionen US-Dollar Schadenersatz vom Internet Archive.
Internet Archive Klage Titelbild Bild: Unsplash / Mick Haupt

Das Internet Archive dürfte vielen ein Begriff sein, die schon einmal nach gelöschten Inhalten im Internet gesucht haben oder die sich mit Lost Media beschäftigen: Die Non-Profit-Organisation speichert Snapshots alter Webseiten und arbeitet als digitales Archiv für alle möglichen Medien, ob alt oder jung. Dabei wird die Legalität der Art und Weise, wie das Internet Archive Medien zur Verfügung stellt, immer wieder infrage gestellt. Jetzt gerät ein neues Projekt ins Kreuzfeuer: Mehrere Musiklabels haben Klage gegen das “Great 78 Project” eingereicht. Dieses digitalisiert Aufnahmen, die ursprünglich auf 78-RPM-Disks (sprich: Schellackplatten) gespeichert waren, und stellt die Organisation online zur Verfügung.

Sony, Universal und Co. verklagen das Internet Archive

Genauer genommen ist das Great 78 Project ein Gemeinschaftsprojekt des Internet Archive und New York’s Archive of Contemporary Music (ARC). Es dient dem Zweck, die auf Schellackplatten gespeicherten Inhalte zu digitalisieren, für die Nachwelt zu erhalten und der Forschung zur Verfügung zu stellen. Die Musikstücke der Sammlung wurden zur Verfügung gestellt vom audiovisuellen Digitalisierungsanbieter George Blood L.P. sowie privaten Sammler:innen. Laut der Projekt-Website sind mehr als 400.000 Aufnahmen digital verfügbar und können von Besucher:innen gestreamt werden.

Sony Music Entertainment, Universal Music Group und eine Handvoll anderer Musiklabels haben jetzt Klage gegen das Internet Archive eingereicht, die der Organisation Urheberrechtsverletzungen vorwirft, weil es Tonaufnahmen aus der Zeit vor 1972 digitalisiert und “vorsätzlich hochgeladen, verbreitet und digital übertragen” habe. Die genaue Jahreszahl nennt man vor dem Hintergrund des Music Modernization Acts, der 2018 verabschiedet wurde und mit dem das Urheberrecht von Stücken aus der Zeit vor 1972 bis 2067 verlängert wurde. Zu den Aufnahmen, deren Urheberrechte verletzt worden seien, zählen laut der Klage solche von Frank Sinatra, Ella Fitzgerald, Billie Holiday, Miles Davis und Louis Armstrong. Beispiele “ikonischer Aufnahmen”, deren Urheberrecht das Internet Archive verletzt habe, sind White Christmas, Sing, Sing, Sing und The Christmas Song.

Die in dem Projekt bewahrten Songs seien bereits über Musik-Streamingdienste verfügbar, so die Musiklabels, und nicht in Gefahr, “verloren zu gehen, vergessen oder zerstört zu werden”. Das Internet Archive argumentiert zwar, dass die eigenen Aufnahmen “die Artefakte und Nutzungsnachweise auf den oft seltenen 78-RPM-Platten und -Aufnahmen” erhalten würden – im Gegensatz zu den oft nachbearbeiteten Aufnahmen, die bei Spotify und Co. verfügbar sind. Und diese Artefakte hätten “immer noch einen Forschungswert”. Diese Erklärung lehnen die Labels allerdings ab. Sie finden, das Internet Archive gehe mit dem Projekt weit über die begrenzten Zwecke von Bewahrung und Forschung hinaus.

Die Labels fordern einen gesetzlichen Schadensersatz von bis zu 150.000 US-Dollar für jede geschützte Tonaufnahme. Rechnungen von Bloomberg zufolge wären das in Summe 372 Millionen US-Dollar für alle gelisteten Aufnahmen.

Nicht die erste Klage gegen das Internet Archive

Die Klage der Musiklabels ist nicht die Erste, mit der das Internet Archive in der jüngsten Zeit konfrontiert wurde. Zuletzt stritt man sich mit einer Gruppe US-Buchverlegern. Speziell geht es dabei um die “National Emergency Library”: Zu Hochzeiten der Corona-Pandemie hatte das Internet Archive eine Sammlung von rund 1,4 Millionen digitalisierten Büchern zur freien Leihgabe gestellt und ging dabei weit über die Rechte hinaus, die Büchereien in den USA bei der Leihgabe von E-Books normalerweise haben. Ein US-Bundesrichter urteilte in diesem Fall gegen das Internet Archive, die Organisation hat aber angekündigt, die Entscheidung anzufechten.

Um Schellackplatten abzuspielen, braucht es übrigens einen speziellen Plattenspieler. In unseren Tests gehen wir immer darauf ein, ob ein Modell auch 78 RPM unterstützt. Zu nennen wären der Technics SL-1200 GR, der Magnat MTT 990 oder der ganz neue Pro-Ject Automat A2. Noch mehr Plattenspieler, die wir getestet haben, findest du in unserer Bestenliste:

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