Joyn sorgt für Eklat: Durfte ProSiebenSat.1 die Mediatheken von ARD und ZDF einbinden?

ProSiebenSat.1 greift mit seinem Streaming-Dienst Joyn längst über das klassische Fernsehprogramm hinaus. Jetzt ist man allerdings einen Schritt zu weit gegangen. So hatte die Plattform ungefragt die Mediatheken von ARD und ZDF integriert. Pikant: Die Inhalte wurden nicht über separate Apps ausgespielt, sondern direkt eingebettet („Embedding“). Dadurch laufen sie auch direkt im eigenen Wiedergabeplayer der Privatsender-Plattform. Das ging den Öffentlich-Rechtlichen zu weit. ARD und ZDF haben rechtliche Schritte angekündigt.
Vorwurf von ARD und ZDF: Joyn bastele sich auf diese Weise quasi eine eigene Version der Mediatheken, da man zudem auch nur ausgewählte Inhalte anzeige. Das untergrabe aber das Konzept eines redaktionell kuratierten Gesamtangebots. Zumal Joyn durch seine Herangehensweise auch Funktionen der Mediatheken zur Barrierefreiheit aushebele, den Login umgehe und z. B. Kinderprofile, Personalisierung und Empfehlungslogiken umschiffe. ProSiebenSat.1 wiederum spricht von einem „Beta-Test“ und ist sich keiner Schuld bewusst.

Schenkt man Berichten von DWDL.de Glauben, bewertet man das beim ÖR jedoch anders. Intern soll von einem regelrechten „Inhalte-Klau“ die Rede sein. Das ist besonders pikant, da Joyn sonst auch mit ARD und ZDF kooperiert. Etwa hatte man sich kürzlich umfangreiche Rechte von ARD Plus und den ZDF Studios gesichert. Zu den Mediatheken gab es aber laut ARD und ZDF nur lose Gespräche. Die aktuelle Einbindung der Inhalte habe man sogar explizit ausgeschlossen.
Joyn: ProSiebenSat.1 sieht sich im Recht
ProSiebenSat.1 sieht sich dennoch im Recht. Man verweist auf den Europäischen Gerichtshof, der derartiges Embedding als rechtlich zulässig bestätigt habe. Auch durch den Wissenschaftlichen Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR) in Saarbrücken seien ähnliche Bewertungen vorgenommen worden. Selbst wenn ProSiebenSat.1 bzw. Joyn am Ende im Recht sein sollte, was sich herausstellen muss, hat man hier aber natürlich einen unnötigen Streit mit Partnern vom Zaun gebrochen.
So verweisen ARD und ZDF darauf, Joyn die Integration ihrer Mediatheken über marktübliche Verlinkungen angeboten zu haben. So wie das auch andere Plattformen handhaben. Dieses Angebot bestehe weiterhin. ProSiebenSat.1 scheint jedoch lieber einen eigenen Weg gehen zu wollen. Allerdings signalisiert man auch hier Gesprächsbereitschaft. Entsprechend wird es spannend sein, zu beobachten, ob der Fall vor Gericht landet, oder sich die Parteien noch einig werden.
ProSiebenSat.1 dürfte sich auf der sicheren Seite wähnen, da man in Österreich bereits ähnlich mit der Mediathek des ORF bei Joyn verfahren ist. Das wollte man offenbar in Deutschland wiederholen und rechnete nicht mit dem Widerstand von ARD und ZDF. Die feine Art ist das aber natürlich nicht gewesen.